Als Ökonom/in wird man in letzter Zeit wahr- und ernstgenommen. Manche haben es sogar "Ins Zentrum" geschafft. "Wie kommt es eigentlich zu dieser Wirtschaftskrise?", wird man oft gefragt. Freilich: Über Wirtschaftskrisen lernt man in der (neo-)klassischen Volkswirtschaftslehre wenig - denn diese sind theoretisch erst gar nicht vorgesehen. Was man dafür lernt, ist Modellbildung. Der Versuch einer stark vereinfachten Darstellung:
Man stelle sich eine Gegend vor, z.B. in Florida, wo es eine gewisse Anzahl identischer Häuser gebe, die alle jeweils 100 $ wert wären (was auch immer das heißt). Die Wirtschaft floriert, Pensionistinnen wollen in genannte Gegend ziehen, Mittelstandsfamilien kaufen sich ein Ferienhaus ebendort. Die Nachfrage nach den Häusern steigt, die Gegend blüht auf, an der Ecke eröffnet ein Restaurant, die ersten Läden eröffnen und die Häuser wechseln aufgrund der gestiegenen Nachfrage und wegen der Aufwertung der Gegend um 120 $, später um 150 $ Dollar die Besitzerinnen.
Auch wir, eine Mittelstandsfamilie, die sich aus bescheidenen Verhältnissen mittels eigener Arbeit (und durch einen florierenden Aktienmarkt…) hochgearbeitet hat, kaufen um 150 eines der Häuser. Es erscheint uns nicht teuer, die Preise steigen weiter, jemand munkelt sogar, es könne in der Siedlung eine U-Bahnstation gebaut werden, was die Preise zusätzlich in die Höhe
treibt. Und tatsächlich: Bereits zwei Wochen nach uns wechseln die ersten Häuser schon um 170, 180 die Besitzerinnen. Wir schätzen uns glücklich, trautes Heim. Die Entwicklung zieht die ersten Spekulaten an, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und die auch um 150, 170, 180 kaufen, da die Entwicklungsaussichten der Umgebung sehr rosig sind und sie davon ausgehen, dass die Häuserpreise weiterhin steigen, bald über 200 $. Der niedrige Dollarkurs macht die Wohnungen auch für ausländische Investorinnen interessant, die Nachfrage und die Preise steigen
weiter…
Tatsächlich erzielten Immobilien in den US-Staaten Nevada, Californien, Florida,
Hawai 10 % - 25 % Wertsteigerung pro Jahr. Natürlich waren derartige Wertsteigerungen mit Sparbüchern, ja selbst mit Aktien nicht zu erzielen. 2001 war wohl der Höhepunkt dieses Immobilienbooms, der dann auf hohem Niveau stagnierte.
Was wir noch erwähnen sollten: Natürlich haben wir die Summe von 150 $ für unser Haus nicht selbst aufgebracht. So wie unsere Nachbarin (und deren Nachbarin etc.) haben wir dafür eine Hypothek aufgenommen. D.h. wir haben 30 $ bezahlt und die restlichen 120 $ durch die Hypothek finanziert, die wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zurückzuzahlen planen.
2006 war es dann mit dem Immobilien-Boom vorbei, ab Anfang 2007 zeichnete sich die Hypothekenkrise ab: Es kam zu einem drastischen Preisverfall von Immobilien. Sagen wir, unser Haus wäre jetzt wieder seine ursprünglichen 100 $ wert. Unser Problem dabei: Wir haben eine ausständige Hypothek über 120, die aber nur durch eine Sicherheit von 100 $ gedeckt ist.
Eigentlich ist das ja das Problem unserer Bank, aber sobald die an unsere Türe klopft und zur Lösung des Problems Geld (vermutlich die 20 $ Differenz zwischen 120 $ Hypothek und 100 $ Hauswert) einfordert, wird es zu unserem Problem.
Wir stehen damit nicht alleine da: Nach dem Preissturz auf Immobiliensektor hatten etwa 10 % der US-Bürger, immerhin 8.8 Mio. Haushalte, höhere Schulden, als ihr Immobilienbesitz wert ist. Entsprechend wurden im 1. Quartal 2008 mehr als halbe Mio. Eigenheime zwangsversteigert (das waren bereits doppelt so viele wie in selbem Quartal 2007). Täglich fast 8.000 Familien bekamen zu dieser Zeit eine Räumungsklage, weil mit sie mit ihren Hypotheken im Rückstand, waren. 7 von 10 Eigenheimbesitzer/-innen fürchten, dass sie in den nächsten 6 Monaten zumindest eine Kreditrate nicht zahlen können.
Wie es zu dieser Situation kam, wozu sie führte, was uns noch bevorsteht und auch was die Konsequenzen daraus sein müssen, das ist Thema dieses Blogs.
Dienstag, 28. Oktober 2008
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