Sonntag, 9. November 2008

Serie: Kleines ABC der Finanzkrise

Teil 4

Wie funktionieren Aktien?

Aktien wie auch Anleihen erfüllen zunächst ebenfalls die Funktion der Finanzierung eines Unternehmens. Der Kapitalist der eine bestimmte Summe Geldes aufbringen muss, besorgt sich dies Geld bei einer Vielzahl von Aktionären, die für ihre Aktie eine bestimmte Summe Geldes hergeben. Mit dieser Aktie erwirbt der Aktionär das Recht, einen Anteil am Mehrwert des Unternehmens zu beziehen. Er erhält den Anspruch auf einen bestimmten Ertrag oder eine so genannten Dividende. Das was er ursprünglich im Preis der Aktie bezahlt hat, ist im Unternehmen fixiert, es steckt in den Produktionsmitteln und in der Arbeitskraft, er kann es nicht zurückerhalten, was er erhält das ist, wie gesagt, lediglich einen Teil vom Ertrag des Unternehmens. Der Preis der Aktie wird deshalb auch nicht bestimmt als Teil des Unternehmenskapitals, er ist vielmehr der kapitalisierte Ertragsanteil. Das heißt, der Preis der Aktie ist nicht abhängig vom Wert des wirklich in der Produktion fungierenden Kapitals, sondern einerseits vom erzielten Ertrag und anderseits vom herrschenden Zinsfuß. Da im Kapitalismus jedes Kapital einen bestimmten Zins abwirft, so wird umgekehrt jeder Ertrag der erwirtschaftet wird, zu dem bestehenden Zinsfuß kapitalisiert. Beträgt beispielsweise der Profit, den ein Unternehmen abwirft, 2.500 Euro und der herrschende Zinsfuß beträgt 5 Prozent, so beträgt der Preis der Aktien 50.000 Euro (weil die Aktien im Preis von 50.000 Euro zu fünf Prozent verzinst einen Ertrag von 2.500 Euro abwerfen).

Das Kapital das die Aktionäre fortgezahlt haben ist also in der Produktion fixiert. Die Aktien selbst stellen nur den Preis für einen Ertrag vor, der selbst schwanken kann. Aber das lässt das in der Produktion fixierte Kapital vollkommen unberührt. Sinkt der Ertrag des Unternehmens, müssen die Aktienkurse fallen, ebenso wie wenn der Zinsfuß steigt. Die Aktienbesitzer können ihre Aktien jederzeit an der Börse verkaufen. Der Kurs der Aktien an der Börse hat mit dem eigentlichen Wert, das in dem Unternehmen steckt, nichts zu tun. Der Wert der Aktien ist rein fiktiv. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedene Bestimmung, ohne dass sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.

Nun kommt hier ein spekulatives Element zusätzlich herein dadurch, dass die Erträge auf die der Aktienkurs bemessen wird, nicht reale schon erwirtschaftete Profite sind, sondern Erträge wie sie sich zukünftig entwickeln könnten. Die Kurse ergeben sich aus den erwarteten Erträgen.

Was wir in letzter Zeit erlebt haben, das waren Kursstürze von enormer Dimension. Was steckt nun hinter diesen Kursstürzen? Natürlich vorwiegend die Ernüchterung darüber, dass die wirklich erwirtschafteten Erträge den realen bei weitem nicht entsprechen. Die Produktion selbst gerät ins Stocken und somit schwinden die Profite. Darauf reagieren vor allem die Aktienkurse. Gleichzeitig wird dadurch die Volkswirtschaft um keinen Deut ärmer als zuvor. Das wirkliche Kapital steckt in der Produktion, es wird durch den Kurssturz keineswegs berührt. Anders stellt sich die Situation für jene dar, die ihr Geld der Börse anvertraut haben. Es wurde in Wertpapiere investiert in der Hoffnung, dass die Kurse immer weiter klettern werden. Der Anstieg der Kurse erhöht die Kaufkraft eines Landes, selbst wenn sie nur künstlich geschaffen wird und nicht der realen Produktion erwächst. Der Kurssturz andererseits vernichtet in großem Ausmaß diese Kaufkraft und entwertet das in Aktien investierte Kapital. Manche die rechtzeitig teuer verkauft haben, mögen eine Menge damit verdient haben, die Mehrheit der kleinen Aktionäre verliert allerdings, wie auch einige Kapitalisten, die ihr überschüssiges Kapital der Börse zugeführt haben. Einige große Kapitalisten kaufen jedoch in der Krise selbst die wertlosen Papiere wieder auf und verdienen damit, sobald die Kurse wieder in die Höhe klettern.

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