Freitag, 14. November 2008

Eine andere Ökonomie ist möglich

Die im gestrigen Beitrag beschriebenen sozialen Bewegungen sind oft zunächst als "Überlebensinseln im Getöse der kapitalistischen Krise" (Altvater) entstanden. Damit aus diesen passiven Reaktionen nachhaltige "neue, über den Kapitalismus, wie wir ihn kennen, hinausgehende Formen der Vergesellschaftung" (ders.) werden, bedarf es mehr als kleinbürgerlicher und kleinmütiger Schwärmerei.

Als Paradebeispiel dafür kann die Entwicklung in Venezuela seit Beginn des bolivarischen Prozesses gesehen werden. So wie in manchen anderen Ländern haben sich auch dort vom globalen Kapitalismus enteignete und desillusionierte Menschen zu Produktionsgenossenschaften zusammengefunden. Auch die Tatsache, dass diesen staatliche Kredite zur Verfügung gestellt wurden, unterscheidet Venezuela nicht prinzipiell von anderen Ländern v.a. Asiens, wo die Mikrofinanzierung in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument der Entwicklungspolitik wurde. Der bangladeschische Wirtschaftswissenschafter und Gründer der Grameen Bank, Muhammad Yunus, wurde für diesen Gedanken 2006 sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Doch bei aller Akzeptanz dieses Gedankens auch im Kreise der herrschenden Eliten pocht dieser schon an die Tore der kapitalistischen Marktlogik, da er vor Augen führt, dass der politische Wille zur ökonomischen Umgestaltung einer Gesellschaft nicht ohne einen vergesellschafteten Banken- und Kreditsektor auskommen wird.

Was die Entwicklung in Venezuela (und auch Bolivien und Ecuador) von anderen Ländern unterscheidet, ist die Tatsache, dass dieser politische Wille vorhanden und nicht auf Einzelprojekte beschränkt ist, sondern zu einem integralen Programm der gesellschaftlichen Neuorientierung geworden ist. Das staatliche Handelsprogramm Mission Mercal zeigt einen zweiten Eckpfeiler, der für die Bewährung alternativer Produktionsweisen von zentraler Bedeutung ist: gesellschaftlicher Handel. Dies gilt insbesondere für den derzeit stark privatmonopolistischen Handel in Österreich, der die Unterordnung der Produktionsweisen unter die imperialistische Logik befördert.

Ein emanzipatorisches Bildungsprogramm zur Unterstützung dieser alternativen Produktionsformen, ein konzentrierter und effizienter staatlicher Sektor und die Übertragung von Eigentumsrechten an Fabriken an Besetzungsbewegungen, die sich wiederaneigneten, was ihnen von der kapitalistischen Enteignungsökonomie genommen wurde, sind weitere Eckpfeiler dieser gesellschaftlichen Neuorientierung.

Zu überlegen, wie derartige Neuorientierungen auch in den Zentren des westlichen Kapitalimus ausgestaltet und umgesetzt werden können, obliegt den hiesigen fortschrittlichen und sozialen Bewegungen. Klar ist aber, dass eine derartige neue Politik des gesellschaftlichen Wandels eng mit der Frage nach der politischen Macht verbunden ist, da der Staat eine wesentliche Rolle in dieser Neuorientierung spielt. Von Fayman, Rudas und Konsorten ist diesbezüglich ebensowenig zu erwarten wie übrigens von Barack Obama.

Keine Kommentare: