Teil 6
Wie kommt es zur Krise?
Die Jagd nach maximalem Profit, die Verwertung des Kapitals, ist unter den Bedingungen des kapitalistischen Konkurrenzkampfes nicht möglich, ohne die Produktion auf erweiterter Stufenleiter zu betreiben. Die Akkumulation von Mehrwert zum Zwecke der wirtschaftlichen Expansion ist daher eine Existenzfrage für jeden Kapitalisten und somit für die kapitalistische Wirtschaft insgesamt. Die Verwertung des Kapitals, die Profitmacherei gerät nun in fortwährenden Konflikt mit dem Mittel, wodurch sie erreicht wird. Die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit, der Versuch der Verbesserung der Verwertungsbedingungen führt also ständig zu deren Verschlechterung.
Es kommt im Prozess der Akkumulation zu einem ständigen Anstieg des konstanten Kapitals gegenüber dem variablen. Dies, da die Kapitalisten danach trachten ihre Waren zu verbilligen durch die Anwendung immer ausgefeilter Technologie und immer besserer Produktionsmethoden. Das heißt in gegebener Zeit bedienen Arbeiter mehr Maschinen, verarbeiten mehr Rohstoffe und erzeugen mehr Waren. Das bedeutet aber nicht, dass das variable Kapital absolut abnimmt, das heißt, die Menge der angewandten lebendigen Arbeit geringer werden muss. Das Gegenteil ist der Fall. Aus dieser nur relativen Abnahme des variablen Bestandteils des Gesamtkapitals resultiert der Fall der Profitrate. Die Profitrate drückt das Verhältnis des Mehrwerts zum eingesetzten Gesamtkapital aus. Da nun das variable Kapital gegenüber dem konstanten zurückgeht, der Mehrwert aber nur aus dem variablen Kapitalteil entspringt, weist die Profitrate eine Tendenz zum Sinken auf. Dennoch kann die absolute Masse des Profits progressiv wachsen, trotz des progressiven Falls der Profitrate. Die Akkumulation und Konzentration soll nun den Fall der Profitrate durch die Masse des Profits kompensieren.
Nun hat der Fall der Profitrate aber noch eine andere Tendenz, die der raschen Akkumulation entgegenwirkt. Soweit nämlich durch diesen Fall die Rate der Verwertung des Gesamtkapitals sinkt, also der Stachel der kapitalistischen Produktion erlahmt, wird die Bildung neuer selbständiger Kapitale verlangsamt. Die Kapitale, die infolge der fallenden Profitrate nicht angewandt werden können, liegen jetzt brach.
Der kapitalistische Akkumulationsprozess ist auf die Gewinnung von Mehrwert, von Profit ausgerichtet, allerdings muss dieser Mehrwert erst realisiert werden. Marx führt darüber aus: „Mit der Entwicklung des Prozesses, der sich im Fall der Profitrate ausdrückt, schwillt die Masse des so produzierten Mehrwerts ins Ungeheure. Nun kommt der zweite Akt des Prozesses. Die gesamte Warenmasse, das Gesamtprodukt, sowohl der Teil, der das konstante und variable Kapital ersetzt, wie der den Mehrwert darstellt, muss verkauft werden. Geschieht dies nicht oder nur zum Teil oder zu Preisen, die unter den Produktionspreisen stehen, so ist der Arbeiter zwar exploitiert, aber seine Exploitation realisiert sich nicht als solche für den Kapitalisten, kann mit gar keiner oder nur teilweiser Realisation des abgepressten Mehrwerts, ja mit teilweisem oder ganzem Verlust seines Kapitals verbunden sein. Die Bedingungen der unmittelbaren Exploitation und ihre Realisation sind nicht identisch. Sie fallen nicht nur nach Zeit und Ort, sondern auch begrifflich auseinander. Die einen sind nur beschränkt durch die Produktivkraft der Gesellschaf, die andren durch die Proportionalität der verschiedenen Produktionszweige und durch die Konsumtionskraft der Gesellschaft. Diese letztre ist aber bestimmt weder durch die absolute Produktionskraft noch durch die absolute Konsumtionskraft; sondern durch die Konsumtionskraft auf Basis antagonistischer Distributionsverhältnisse, welche die Konsumtion der großen Masse der Gesellschaft auf ein nur innerhalb mehr oder minder enger Grenzen veränderliches Minimum reduziert. Sie ist ferner beschränkt durch den Akkumulationstrieb, den Trieb nach Vergrößerung des Kapitals und nach Produktion von Mehrwert auf erweiterter Stufenleiter. Dies ist das Gesetz für die kapitalistische Produktion, gegeben durch die beständigen Revolutionen in den Produktionsmethoden selbst, die damit beständig verknüpfte Entwertung von vorhandnem Kapital, den allgemeinen Konkurrenzkampf und die Notwendigkeit, die Produktion zu verbessern und ihre Stufenleiter auszudehnen, bloß als Erhaltungsmittel und bei Strafe des Untergangs.“ (Karl Marx, MEW 25, S. 254 f.)
Im Verlauf eines raschen Aufschwungs der Produktion verschlechtern sich also die Verwertungsbedingungen des Kapitals. Es kommt dadurch zur Krise. Die Krisen sind dabei nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandenen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wieder herstellen.
„Der Widerspruch, ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische Produktionsweise eine Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehen vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen Mehrwert, auch abgesehen von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und seine Verwertung im höchsten Maß (d.h. stets beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat. Ihr spezifischer Charakter ist auf den vorhandenen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung dieses Werts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließt ein: Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandnen Kapitals und Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierten Produktivkräfte.“ (Karl Marx, MEW 25, S. 259)
Montag, 24. November 2008
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