Ein prominentes Podium suchte im Rahmen des heutigen Vranitzky-Kolloquiums in der Nationalbank nach Perspektiven für eine neue Sozial- und Wirtschaftspolitik.
In seinem Impulsreferat wies Markus Marterbauer vom WIFO zunächst darauf hin, dass die Hypothekenkrise in den USA nur der Auslöser der gegenwärtigen Krise sei, die wirklichen Ursachen der Krise allerdings tiefer lägen. Im Zuge dessen nannte er die Deregulierung der Finanzmärkte und die dortigen Verwerfungen durch Spekulation und Risikoanlagen. Durch den Einbruch der Kreditmärkte sei nun auch die Realwirtschaft betroffen und die daraus resultierenden Folgen würden v.a. die "kleinen Leute" zu tragen haben. So werde es EU-weit etwa zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit von 16 auf bis zu 24 Millionen kommen.
Europas Wirtschaftspolitik habe auf diese Krise nicht ausreichend reagiert. Zwar habe die Europäische Zentralbank (EZB) die Liquiditätsversorgung der Banken sichergestellt, durch ihre Zinserhöhung im Juli, als die Krise bereits klar absehbar war, allerdings an Glaubwürdigkeit verloren. Im Bereich der Bugetpolitik würde die Koordinierung versagen. Noch im September hätten die europäischen Finanzminister keine Notwendigkeit für Konjunkturmaßnahmen gesehen.
Marterbauer hob das österreichische Konjunkturpaket als EU-weit zweitgrößtes (nach Spanien) im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) hervor: Durch das Ausmaß von etwa 2 % des BIP würden 20.000 bis 30.000 Arbeitsplätze pro Jahr gesichert werden. Wichtig wäre aber gerade in diesem Bereich ein gemeinsames europäisches Handeln.
Ferner müsse auch der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) dahingehend reformiert werden, dass es in einer Rezession Verpflichtungen zu einer Gegensteuerung gäbe.
Die Europäische Kommission habe eine positive Rolle gespielt, indem sie bei den Bankenpaketen Allgemeininteressen vor Bankeninteressen gestellt habe.
Handlungsbedarf ortete Marterbauer bei der Stärkung des europäischen Sozialmodells etwa durch die Schaffung sozialer Mindeststandards. Positiv seien auch neue Regulierungen im Bereich der Ökologie, wo er auf den Automobilbereich und steigende Innovationsfähigkeit durch neue Normen verwies, was allgemein zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führe. Das brachte ihn gleich zum Bereich Innovationspolitik, die zur Produktivitätsstärkung notwendig sei, da dies zu steigenden Einkommen führe und eine Finanzierung des Sozialstaats sowie eine Arbeitszeitverkürzung möglich mache.
Europas Wirtschaftspolitik habe auf diese Krise nicht ausreichend reagiert. Zwar habe die Europäische Zentralbank (EZB) die Liquiditätsversorgung der Banken sichergestellt, durch ihre Zinserhöhung im Juli, als die Krise bereits klar absehbar war, allerdings an Glaubwürdigkeit verloren. Im Bereich der Bugetpolitik würde die Koordinierung versagen. Noch im September hätten die europäischen Finanzminister keine Notwendigkeit für Konjunkturmaßnahmen gesehen.
Marterbauer hob das österreichische Konjunkturpaket als EU-weit zweitgrößtes (nach Spanien) im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) hervor: Durch das Ausmaß von etwa 2 % des BIP würden 20.000 bis 30.000 Arbeitsplätze pro Jahr gesichert werden. Wichtig wäre aber gerade in diesem Bereich ein gemeinsames europäisches Handeln.
Ferner müsse auch der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) dahingehend reformiert werden, dass es in einer Rezession Verpflichtungen zu einer Gegensteuerung gäbe.
Die Europäische Kommission habe eine positive Rolle gespielt, indem sie bei den Bankenpaketen Allgemeininteressen vor Bankeninteressen gestellt habe.
Handlungsbedarf ortete Marterbauer bei der Stärkung des europäischen Sozialmodells etwa durch die Schaffung sozialer Mindeststandards. Positiv seien auch neue Regulierungen im Bereich der Ökologie, wo er auf den Automobilbereich und steigende Innovationsfähigkeit durch neue Normen verwies, was allgemein zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führe. Das brachte ihn gleich zum Bereich Innovationspolitik, die zur Produktivitätsstärkung notwendig sei, da dies zu steigenden Einkommen führe und eine Finanzierung des Sozialstaats sowie eine Arbeitszeitverkürzung möglich mache.
Politikwissenschafter Anton Pelinka schloss sich dem Konsens nach einer Stärkung der EU an, brachte aber eine politikwissenschaftliche Komponente in die Diskussion ein, indem er die institutionellen Voraussetzungen dafür zur Sprache brachte. Im Zuge dessen sprach er sich für eine Stärkung des Parlaments und der Kommission, welche er als potentielle Regierung sehe, aus, während der Rat eine Funktion als Senat oder zweiter Parlamentskammer einnehmen solle. Weiters forderte er auf, sich aktiver mit EU-Kritik auseinander zu setzen, wobei für ihn v.a. die sozialstaatliche Kritik an der EU nicht nachvollziehbar sei. Vielmehr brauche es eine soziale EU.
Abschließend gab sich Pelinka optimistisch, dass Regierungen nun in der Krise am ehesten bereit wären, auf "liebgewordene Staatskompetenzen und Fiktionen" zu verzichten. Er verwies im Zusammenhang damit auf eine Studie der ÖGfE, welche eine zunehmend positive Einstellung der ÖsterreicherInnen gegenüber der EU ausweist. Insofern deutete er die Krise als Chance.
Abschließend gab sich Pelinka optimistisch, dass Regierungen nun in der Krise am ehesten bereit wären, auf "liebgewordene Staatskompetenzen und Fiktionen" zu verzichten. Er verwies im Zusammenhang damit auf eine Studie der ÖGfE, welche eine zunehmend positive Einstellung der ÖsterreicherInnen gegenüber der EU ausweist. Insofern deutete er die Krise als Chance.
Der vormalige OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher leugnete zunächst Parallelen der jetzigen Krise zu jener 1929, da seither viel gelernt worden wäre, gerade was die Liquiditätsmaßnahmen angehe. Den Umgang mit der jetzigen Krise deutete er als Beispiel europäischer Handlungsfähigkeit. Drei Hauptursachen für die Krise machte er aus: die hohe Liquidität und das zu niedrige Zinsniveau über mehrere Jahre hinweg, die Vernachlässigung des Risikomanagements durch gute Konjunktur sowie die enorme Komplexität der Finanzinnovationen. Ein Ende der Krise sei nicht absehbar, 2009 würde ein sehr schwieriges Jahr. Vorteilhaft sei dennoch, dass Österreich in die EU eingebettet sei.
Das Bankenpaket verteidigte Liebscher als Nachziehen gegenüber anderen Ländern. Die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Banken müsse gewährleistet bleiben. Schließlich würden Banken gebraucht, v.a. auch Banken, die Risiko nehmen, denn das schaffe Innovation und daher warnte er auch vor einer Überregulierung. Sehr wohl müssen aber Schlupflöcher geschlossen werden.
Entgegen seiner sonstigen Überzeugung begrüßte Liebscher eine temporäre Aufweichung des SWP. Die jetzt zu investierenden Mittel müssen in die Nachhaltigkeit gehen: Bildung, Forschung und Entwicklung, Universitäten. Es fehle ihm dabei aber die Diskussion um die Gegenfinanzierung.
Die EZB müsse am Primat der Preisstabilität festhalten. Entgegen Markus Marterbauer verteidigte Liebscher die EZB-Zinsentscheidung vom Juli aufgrund der damals drohenden Inflation und verwies darauf, dass die Dramatik der Krise erst mit dem Zusammenbruch von Lehman im September sichtbar gewesen wäre. Sorgsam stimme ihn aber, was die Finanzinstitute aus der EZB-Politik machen würden - die Liquidität habe sich nicht verbessert, die Zinsen wären am Markt weiterhin hoch; es gäbe durchaus Aufträge, aber eine leistbare Finanzierung dafür fehle.
Das Bankenpaket verteidigte Liebscher als Nachziehen gegenüber anderen Ländern. Die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Banken müsse gewährleistet bleiben. Schließlich würden Banken gebraucht, v.a. auch Banken, die Risiko nehmen, denn das schaffe Innovation und daher warnte er auch vor einer Überregulierung. Sehr wohl müssen aber Schlupflöcher geschlossen werden.
Entgegen seiner sonstigen Überzeugung begrüßte Liebscher eine temporäre Aufweichung des SWP. Die jetzt zu investierenden Mittel müssen in die Nachhaltigkeit gehen: Bildung, Forschung und Entwicklung, Universitäten. Es fehle ihm dabei aber die Diskussion um die Gegenfinanzierung.
Die EZB müsse am Primat der Preisstabilität festhalten. Entgegen Markus Marterbauer verteidigte Liebscher die EZB-Zinsentscheidung vom Juli aufgrund der damals drohenden Inflation und verwies darauf, dass die Dramatik der Krise erst mit dem Zusammenbruch von Lehman im September sichtbar gewesen wäre. Sorgsam stimme ihn aber, was die Finanzinstitute aus der EZB-Politik machen würden - die Liquidität habe sich nicht verbessert, die Zinsen wären am Markt weiterhin hoch; es gäbe durchaus Aufträge, aber eine leistbare Finanzierung dafür fehle.
Europa-Abgeordneter Jörg Leichtfried, der als Ersatz für SP-Europasprecherin Elisabeth Grossmann geladen war, nahm ebenfalls positiv zu Nicolas Sarkozy Bezug, teilte hingegen aber nicht das Lob für die Europäische Kommission. Dieses erinnere ihn an das Lob für ein Kind, das etwas angezunden hat und sich nun an der Löschung beteiligt. Schließlich sei die Kommission Vorreiter von Deregulierung und Liberalisierung gewesen, sie sei daher "nicht Retter, sondern Zündler". Leichtfried warnte davor, die Krise als Vorwand zu nehmen, Umweltpolitik, Sozialpolitik und Armutsbekämpfung zu reduzieren. Es sei eine Diskussion über die generelle Ausrichtung der Wirtschaftspolitik notwendig und Leichtfried benannte auch die Prämissen dafür. Es gelte einzusehen, dass der freie Markt für die Verteilung der Produktionsmittel effizient sein möge, allerdings nicht, wenn es darum gehe, Einkommen und Chancen gerecht zu verteilen. Weiters müsse die Politik die generelle Ausrichtung der Aunternehmenspolitik(en) v.a. dahingehend beeinflussen, dass diese nicht mehr so stark an kurzfristigen Ergebnissen interessiert sei. Letztlich gehe es in der Steuerpolitik darum, eine gerechte Verteilung zu schaffen.
Abschließend machte Leichtfried darauf aufmerksam, dass die EU nicht handle, weil sie die EU ist, sondern weil sie letztlich - trotz Mängel - eine Demokratie sei und weil es Mehrheiten für dieses Handeln gebe.
In der anschließenden Diskussion ging es v.a. um EU-Kompetenzen, wobei sich Ostenhof und Pelinka gegen eine Schwächung der Kommission aussprachen und Altbundeskanzler Franz Vranitzky forderte, dass der Rat das politische - nicht unbeding administrative - Herzstück der Union sein solle. Pelinka schätzte außerdem ein, dass der Vertrag von Nizza den vernünftigen Delors-Plan ("Vertiefung vor Erweiterung") abgeschossen habe, was ein vom Rat verschuldetes Dilemma darstelle.
Abschließend machte Leichtfried darauf aufmerksam, dass die EU nicht handle, weil sie die EU ist, sondern weil sie letztlich - trotz Mängel - eine Demokratie sei und weil es Mehrheiten für dieses Handeln gebe.
In der anschließenden Diskussion ging es v.a. um EU-Kompetenzen, wobei sich Ostenhof und Pelinka gegen eine Schwächung der Kommission aussprachen und Altbundeskanzler Franz Vranitzky forderte, dass der Rat das politische - nicht unbeding administrative - Herzstück der Union sein solle. Pelinka schätzte außerdem ein, dass der Vertrag von Nizza den vernünftigen Delors-Plan ("Vertiefung vor Erweiterung") abgeschossen habe, was ein vom Rat verschuldetes Dilemma darstelle.
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